IGmA-Lehrveranstaltungen WiSe 2018/19

Beauty Matters - Architektur und Schönheit (Seminar)

Dozentin: Oehy, Sandra

„Das Schöne ist ein Urphänomen, das zwar nie selbst zur Erscheinung kommt, dessen Abglanz aber in tausend verschiedenen Äußerungen des schaffenden Geistes sichtbar wird, und so mannigfaltig und so verschiedenartig ist als die Natur selber.“ (Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe) Oder mit den Worten von Rem Koolhaas: „Schönheit ist ein scheues Reh“.

Architektur definiert sich im Spannungsfeld zwischen ästhetischen und funktionalen Kriterien. Ausgehend von Vitruvs Zehn Bücher über Architektur, werden wir uns in diesem Seminar mit DenkerInnen verschiedener Disziplinen beschäftigen, die das Wesen der Schönheit zu umschreiben versuchen und dem Begriff eine Rolle im Architekturdiskurs zuordnen. Über die kritische Lektüre von Texten von Platon, Alberti, Wickelmann, Kant, Sullivan, Heller, Corbusier und Butler, bis hin zu Beiträgen von zeitgenössischen AutorInnen verschiedener politischer Lager, wollen wir den Begriff der „Schönheit“ problematisieren. Was bedeutet Schönheit in der und für die Architektur? Wie haben sich Konzepte der Schönheit über die Zeit gewandelt? Wie sind sie als soziale und mitunter auch persönliche Setzungen selbst Gegenstand einer zeitgeschichtlich-gesellschaftlichen Debatte innerhalb der Architektur? Ist „Schönheit“ politisch? Inwiefern ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Schönheit für das architektonische Schaffen heute relevant? Diese und weitere Fragen leiten unsere Auseinandersetzung mit den verschiedenen theoretischen Positionen.

Der Besuch dieses Seminars ist verpflichtend für Teilnehmer des Entwurfs „Architektur der Schönheit der Architektur“ (Dozent: Iassen Markov). Der Kurs steht aber auch weiteren interessierten Studierenden (BA/MA) offen.

Die Studierenden sollen einen aktiven Beitrag zum Programm des Seminars liefern und gemeinsam mit der Dozentin und einer Reihe von Gastdozierenden über Argumente für den zeitgenössischen theoretischen Diskurs über Architektur nachdenken.

Architektur der Moderne in der Islamischen Republik Iran (Seminar)

Dozentin: Hartbaum, Verena

Hinter jedem Kraftakt einer politischen Neuordnung der Moderne liegt das große Versprechen auf eine bessere und gerechtere sowie prosperierende gesellschaftliche Zukunft. Institutionalisiert sich ein neues System, ist seine Kultur- und Bildungspolitik ein erster Indikator für die nun eingeschlagene Richtung der Gesellschaft. Architektur als raumfassende Versammlungsstätte aber auch als die permanente Möglichkeit des Displays spielt im Prozess der staatlichen Konstituierung eine zentrale Rolle.
Das Verhältnis von Gesellschaft und Raumproduktion wird am Beispiel der bald 40-jährigen Islamischen Republik Iran erarbeitet werden. Es gilt, die zeitgenössische Architektur(-theorie) im kulturellen Kontext des 20./21. Jahrhunderts zu verorten und vor diesem Hintergrund einen Architekturführer zu erarbeiten.
Das Seminar ist vorbereitendes Lehrangebot für eine Iran-Exkursion im Herbst 2019.

Literatur:
-Sandra Schäfer, Jochen Becker, Madeleine Bernstorff (Hg.): Kabul/Teheran 1979ff. Filmlandschaften, Städte unter Stress und Migration, Berlin: b_books, 2006.
-Hames Khosravi, Amir Djalali, Francesco Marullo: Tehran. Life Within Walls, Berlin: Hatje Cantz, 2017.

Architektur und Ideologie (Seminar und Exkursion)

Dozierende: Prof. Trüby, Stephan; Trentini, Matteo

Der italienische Architekturhistoriker Manfredo Tafuri definierte 1968 in Teorie e storia dell‘architettura die Architektur als «Ideologie als Institution, die die Ideologie produziert»(1). Mit Tafuris These, die er aus der Beobachtung der Entwicklung der modernen Architektur gewann, untersuchen wir die ideologischen Funktion der Architektur im 20. und 21. Jahrhundert.
Das Seminar wird sich daher mit der Rolle der Architektur als Produkt der Ideologie wie als Produzentin von Ideologie befassen, und zwar durch die Analyse dreier historischer Kontexte:
– erstens der 1920-30er Jahren in Europa, als im Zuge politischer
Revolutionen vor allem in Russland, Italien und Deutschland die Architektur
zum Instrument ideologischer Propaganda wird;
– zweitens der Nachkriegszeit, als Architektur vor allem in Deutschland und
Italien zum Instrument des gesellschaftlichen Wiederaufbaus, aber auch zum
ideologischen Instrument des Kalten Krieges wird;
– und drittens der Gegenwart, die wir als ein Zeitalter begreifen, in dem ein
(neo-)liberaler Status quo droht, ins Illiberale zu kippen.

Das Seminar verpflichtet zur Teilnahme an einer einwöchigen Exkursion entlang der Achse "Rom–Berlin”.

Heide Berndt, Alfred Lorenzer, Klaus Horn (Hrsg.): Architektur als Ideologie, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1968.
Kurt Salamun (Hrsg.): Ideologien und Ideologiekritik. Ideologietheoretische Reflexionen, Darmstadt:Wiss. Buchgesellschaft, 1992.
Manfredo Tafuri: Theories and History of Architecture, New York: Harper & Row, 1980
Sven-Olov Wallenstein, Architecture, Critique, Ideology, Axlbooks, 2016

(1) M. Tafuri, Avvertenze alla seconda edizione in M. Tafuri, Teorie e storia dell‘architettura, Laterza, Roma-Bari. s. xi

Research Architecture: The Case of OMA/AMO (Seminar)

Dozentin: Stanitz, Zsuzsanna

Two distinct units under the same umbrella, with a clearly defined agenda. Since its establishment in the late 1990s, AMO provides a platform for OMA´s architectural thinking. Through AMO, an intellectual apparatus, a think-tank has been incorporated as an integral part of the architectural office. It provides an opportunity for interdisciplinary collaboration and the establishment of partnerships that redefine the architectural clientele. When Prada first approached OMA, they were seeking for consultancy on the reinvention of their brand. Since then, instead of the position of the commissioners, the fashion brand became the office´s long-term collaborators with whom they are working on multiple projects from in-store designs through scenography of fashion shows to brand identity.

During the seminar, we conduct research into the projects of AMO, including the exhibitions, the publications, the main areas of research of which the educational activities are an important part. Projects include collaborations with the Universal Studios HQ, The European Union, Prada, the Hermitage, Strelka Institute and Harvard University Graduate School of Design; with themes such as the countryside, preservation, scenography and identity. The seminar aims to create a knowledge hub in which the notion of research as part of the architectural practice will not only be examined and criticized but applied as well.

Ideologische Räume / ein Kartografie-Workshop (Seminar)

Dozent: Krüpe, Philipp

Der hier angebotene Workshop knüpft an das Seminar Architektur und Ideologie an. Während dort vornehmlich die „Rolle der Architektur als Produkt der Ideologie wie als Produzentin von Ideologie“ auf einer theoretischen Ebene verhandelt wird, soll hier Konkretes produziert werden.

Ziel ist es kartografische Darstellungen zu schaffen, in denen ideologisch aufgeladene Orte untersucht werden; das Hauptaugenmerk liegt dabei weniger auf dem Aufspüren ambitionierter Architekturen als mehr auf einer Habitusanalyse und Dokumentation von Netzwerken und Infrastrukturen.

Der Workshop verteilt sich auf drei Termine:
- Am ersten Workshop-Wochenende sollen mögliche Visualisierungsmodelle (anhand ideologisch kontaminierter Räume in Stuttgart) erprobt werden.
- Die zweite Phase findet auf der verpflichtenden Seminar-Exkursion entlang der „Achse Rom-Berlin“ statt. Dort sollen die in Betracht kommenden Architekturen und Infrastrukturen sorgfältig und umfangreich kartografiert werden.
- In einer dritten Phase soll am zweiten Workshop-Wochenende die Auswertung und Aufbereitung des gesammelten Materials stattfinden.

Den Studierenden wird empfohlen, sowohl am Workshop als auch am Seminar Architektur und Ideologie teilzunehmen.

Le Corbusier und Amedée Ozenfant - APRÈS LE CUBISME (Seminar)

Dozent: Mayer, Hartmut

Après le cubisme erschien kurz vor dem Ende des ersten Weltkriegs und wird am 15. Oktober 2018 hundert Jahre alt. Dies rechtfertigt eine neue Auseinandersetzung mit dem Text, der den Beginn des Purismus markiert. In Après le cubisme, der ersten Programmschrift des Purismus, forderten Le Corbusier und Amedée Ozenfant eine überzeitliche, der reinen Form verpflichtete Kunst ein. Narrative, symbolische oder analoge Elemente wurden als nichtplastische Ingredienzien ausgeschlossen.
Die höchste Form von Kunst erreichte der Purismus in der Darstellung von gesetzartigen Prinzipien in der Subjekt-Objekt Beziehung. Hierfür stand der „objet-type“ in der Malerei, der für die Puristen die evolutionär ausgereifte, reine Form und zugleich die höchste Stufe ästhetischer Erfahrung bedeutete. Die Begründungen hierfür gaben die an traditionellen Regelästhetiken anknüpfenden „Konstanten“ und „Invarianten“, die die Puristen wesentlich dem Sensualismus der französischen Aufklärungsphilosophie verdanken.

Im Rahmen des Seminars soll die Theorie des Purismus genauer analysiert werden, um die wichtigsten Texte, Entwürfe und Bauwerke Le Corbusiers zu verstehen. Dazu werden die Einflüsse seines Lehrers Charles L’Éplattenier, zeitgenössischer Architekten wie Peter Behrens und August Perret, vor allem aber Charles Blancs Grammaire des Arts et du Dessin von Bedeutung sein.

Architektur der Schönheit der Architektur - Architecture of Beauty of Architecture (Entwurf und Exkursion)

Dozent: Markov, Iassen

Internationaler, -kontinentaler und -planetarer Entwurf
an der University of Looking Good (UoLG) des IGMA

Lange vor Louis Sullivans 1896 erschienenem Aufsatz „The tall office building artistically considered“, in dem die berühmte Formulierung “form follows function” fällt, galt bereits an der UoLG die Regel „Form follows function follows beauty“. Heute ist das Thema der Schönheit aktueller denn je – und scheint zum Hauptkriterium zur Beurteilung von Architektur geworden zu sein.

Was bedeutet Schönheit in der und für die Architektur? Diese Frage wird im Rahmen des begleitenden Pflichtseminars „Beauty Matters“ anhand verschiedener theoretischer Positionen diskutiert. Im Entwurf werden wir uns hingegen stärker auf die Frage konzentrieren, wie man Schönheit produziert. In einer Kooperation mit der Mind-Body-Life Foundation schreibt die University of Looking Good einen Hi-tech-Schönheitswettbewerb auf drei „Grundstücken“ für drei Schönheitsbauwerke aus:

Die Planung der Bauwerke soll sich nicht nur auf eine schöne äußerliche Hülle und schöne Interieurs begrenzen. Vielmehr wünschen sich die Mind-Body-Life Foundation und die UoLG eine kritisch-zukunftsweisende Auseinandersetzung mit einem funktionalen Schönheitsprogramm, in dem Mensch und Architektur untrennbar miteinander verbunden sind. Denn mit Sullivan gilt: „So wie Du bist, so sind Deine Gebäude.“

Endabgabe: wird am 1.Termin bekanntgegeben.

Bauwerk 1: Beautiful Mind Building
Das Beautiful Mind Building befindet sich unter Wasser: ein geheimes Entwicklungszentrum für Gehirnforschung, Hyperintelligenz und menschliche Maschinen.


Bauwerk 2: Beautiful Body Building
Im geostationärer Orbit befindet sich die interplanetare Beauty Farm, die man nur über einen Weltraumaufzug erreichen kann. In der Schwerelosigkeit wird an der perfekten„äußeren“ Schönheit gearbeitet.


Bauwerk 3: Beautiful Life Building
Das Bauwerk wird entweder für die Arktis oder die Antarktis geplant. Ein gigantisches Cryo-Zentrum bildet das Fundament des Bauwerks, auf dem sich das Genlabor der Mind-Body-Life Foundation befindet. Im ewigen Eis wird der Traum des ewigen Lebens und der ewigen Schönheit erforscht.

Exkursion: In der dazugehörigen Exkursionswoche im Januar 2019 reisen wir nach Bulgarien.

IGMA-c/o-IBA-Thinktank (Entwurf)

Dozierende: Hönig, Tobias; Trentini, Matteo

Die kommende IBA in Stuttgart ist kein auf das titelgebende Jahr beschränktes Ereignis anlässlich dessen verschiedene Demonstrationsbauten errichtet werden, anhand derer wir uns dann über das Bauen der Zukunft informieren können. Sie ist vielmehr die Chance zu einem diskursiven Prozess, der längst begonnen hat und an dem sich über die Initiatoren der IBA und über das Feld der Architektur und des Urbanismus hinaus möglichst viele Menschen ergebnisoffen beteiligen sollten.

Der IGMA-c/o-IBA-Thinktank will sich einmischen – und dabei nicht nur Kritik oder Wünsche formulieren, sondern selbst konkrete Vorschläge unterbreiten. Wir wollen exemplarisch ein Quartier durcharbeiten, Möglichkeitsräume in hybriden Architekturen entwerfen, uns überlegen, wie in Zukunft gewohnt, gearbeitet oder eben nicht gearbeitet wird und das mit Dritten diskutieren. Wir wollen uns aber auch in tagesaktuelle, im Rahmen der IBA verhandelte Diskurse einmischen – und uns dabei mit Zeichnungen, Montagen und Filmen direkt in die Bildproduktion rund um eine solche Bauausstellung mit Statement-Beiträgen einschalten. Wir wollen mitdefinieren, wie Stadt und ihre Architekturen sich entwickeln. Wir wollen sicherstellen, dass Heterogenität und Zugänglichkeit keine PR-Begriffe bleiben, sondern sich in der „Stadt von Morgen“ tatsächlich manifestieren.

Entwicklung der modernen Architekturtheorie (Vorlesung)

Dozent: Prof. Trüby, Stephan

Architektur ist die vielleicht komplexeste Kulturtechnik, die die Menschheit hervorgebracht hat. Nirgendwo sonst – weder in der Literatur noch im Theater noch in den Bildenden Künsten etc. – fallen wirtschaftliche, technisch-wissenschaftliche, künstlerische, rechtliche, mediale, religiöse und politische Interessen so ineins wie beim Bauen. Doch seit Anbeginn der Moderne um 1800 – dies ist die Ausgangsthese der Vorlesungsreihe – kann immer weniger Rede von der Architektur im Sinne eines klar umrissenen oder gar enzyklopädischen* Fachgebiets sein: aus der Disziplin Architektur ist ein Komplex Architektur geworden. Dieser wird im Rahmen der Vorlesungen systematisch entfaltet: Auf zwei Lektionen mit einführendem und theoretischem Charakter folgen Untersuchungen über das Verhältnis von „Architektur und Politik“, „Architektur und Religion“, „Architektur und Medien“, „Architektur und Recht“, „Architektur und Kunst“, „Architektur und Wissenschaft“ sowie „Architektur und Wirtschaft“. Die Vorlesungsreihe schließt mit einem Blick in die Zukunft der Architektur.

*Vgl. Gerd de Bruyn: Die enzyklopädische Architektur. Zur Reformulierung einer Universalwissenschaft, Bielefeld: Transcript, 2008.

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